Der Deutsche Landkreistag hat einen umfassenden Forderungskatalog der Landkreise zur Bundestagswahl vorgelegt. Darin werden 25 politische Erwartungen an den Bund formuliert, um die Landkreise bei ihren wichtigen Zukunftsaufgaben wie z. B. der Integration, bei Investitionen oder der Anpassung von Infrastrukturen an den demografischen Wandel zu unterstützen. Präsident Landrat Reinhard Sager sagte: „Über kurz oder lang bleibt es dabei, dass es trotz vielfältiger punktueller Finanzspritzen des Bundes und weiter anziehender Konjunktur um die finanzielle Ausstattung der Landkreise, Städte und Gemeinden dem Grunde nach nicht gut bestellt ist. Zu hoch sind die Kassenkredite und zu gering ist die Investitionskraft aufgrund struktureller Unterfinanzierung. Es ist daher höchste Zeit, strukturell und dauerhaft etwas für die Kommunen zu tun, statt immer wieder nur punktuell die größten Löcher zu stopfen."

Im Mittelpunkt der Forderungen stehen des Weiteren die ländlichen Räume, mit denen sich insgesamt zehn Punkte des Katalogs auseinandersetzen: „Es geht darum, die Landkreise als Wirtschaftsstandorte voranzubringen, um Digitalisierung und Flexibilisierung von Angeboten, um den Ausbau des schnellen Internets, um die Sicherstellung des Öffentlichen Nahverkehrs auf Straße und Schiene auch in entlegeneren Gebieten, um attraktives Wohnen, eine flächendeckende medizinische Versorgung und passende Förderanreize bei Unternehmensansiedlungen. Die Schaffung eines Bundesministeriums für die ländliche Entwicklung könnte hier einen wesentlichen Beitrag zur Bündelung verschiedener Zuständigkeiten leisten."

Kommunale Umsatzsteuerbeteiligung erhöhen und neu justieren

Sager unterfütterte einige der wichtigsten Punkte, wobei der Frage einer angemessenen kommunalen Finanzausstattung eine zentrale Bedeutung zukomme: „Gerade in Anbetracht weiter stark aufwachsender Sozialausgaben, kommunaler Investitionserfordernisse etwa in Schulen und Digitalisierung sowie im Zusammenhang mit der Integration von Flüchtlingen wird die gestaltende Rolle der Landkreise, Städte und Gemeinden für unser Gemeinwesen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt und Fortschritt weiter zunehmen. Dafür benötigen sie entsprechend ausgestattete kommunale Haushalte", erläuterte er.

„Wir wollen eine für alle Kommunen aufgabengerechtere Steuerverteilung, die nicht nur diejenigen begünstigt, die wirtschaftsstark sind. Das kann und muss über eine Erhöhung des kommunalen Umsatzsteueranteils erfolgen." Darin müssten auch die Landkreise einbezogen werden, die bislang nicht an den großen Kommunalsteuern partizipieren, aber im kommunalen Bereich den bei weitem größten Anteil der Sozialausgaben zu tragen hätten. Zur Gewährleistung der Aufgabengerechtigkeit müsse dabei der bislang wirtschaftskraftabhängig ausgestaltete Verteilungsschlüssel für die kommunalen Ebenen – wie bei Ländern seit Jahrzehnten erfolgreich praktiziert – durch einen einwohnerbasierten Schlüssel, der belastungsorientiert gewichtet und ausgestaltet werden könne, ersetzt werden.

Es braucht ein Bundesministerium für die ländliche Entwicklung

„Die ländlichen Räume mit ihren mittelständischen Unternehmen, starken Sparkassen vor Ort und einer handlungsfähigen kommunalen Selbstverwaltung tragen entscheidend zu unserer ökonomischen Stärke und Stabilität bei", fuhr Sager fort. Die deutsche Wirtschaftsstruktur sei nicht nur sehr mittelständisch geprägt, sondern zeichne sich vor allem auch durch eine starke dezentrale Verankerung aus: „Knapp die Hälfte der Bruttowertschöpfung Deutschlands wird in den ländlichen Räumen erwirtschaftet und sogar nahezu zwei Drittel der Beschäftigten im produzierenden Gewerbe und im Handwerk finden hier ihren Arbeitsplatz."

Daher müssten die Potenziale der ländlichen Räume als unverzichtbare Wirtschaftsstandorte auch seitens des Bundes in der kommenden Legislaturperiode gleichberechtigt zu den urbanen Zentren gefördert werden. „Wir wollen optimale Entwicklungsbedingungen für die Menschen in der Fläche und eine Stärkung der ländlichen Räume. Vor allem müssen die flächenbezogenen Belange seitens des Bundes weiter gebündelt werden, und zwar in einem kompetenziell aufzuwertenden Ministerium für die ländliche Entwicklung, das daneben auch für Ernährung und Landwirtschaft verantwortlich ist", forderte er.

Digitalisierungsoffensive starten

Des Weiteren kam DLT-Präsident Sager auf das Thema Digitalisierung zu sprechen. Gerade für die ländlichen Räume würden durch Digitalisierung neue Produktions- und Vertriebsmodelle möglich, die helfen könnten, Standortnachteile an anderer Stelle auszugleichen. Zudem könnten auch im Dienstleistungssektor neue Arbeitsplätze geschaffen werden, u. a. durch moderne Telearbeitsplätze und „Satellitenbüros". „Die Möglichkeiten auf diesem Feld sind zahlreich. Gleichzeitig bietet die Digitalisierung Chancen bei der Sicherstellung der Daseinsvorsorge und der Verwaltungsmodernisierung."

Die Landkreise würden insbesondere vom Bund fordern, bei der Digitalisierung stärker die ländlichen Räume in den Blick zu nehmen, um die Potenziale als Wohn- und Wirtschaftsstandorte auch durch praktische Anwendungen in der Daseinsvorsorge, bei der Bildung, der Wirtschaftsförderung und den Verwaltungsdiensten zu stärken. „Dazu gehört vor allem, dass der Zugang zu elektronischen Leistungen der Verwaltung vorrangig über die vielfältigen Portale erfolgt, die bei den Landkreisen und anderen Kommunen bestehen, da diese für die meisten dieser Leistungen zuständig sind. Diese Zuständigkeitsordnung muss erkennbar bleiben und darf nicht durch die Schaffung eines übergeordneten Portals des Bundes verschleiert werden."

In diesem Zusammenhang sei die Verfügbarkeit von Datenautobahnen sowie hochleistungsfähiger Mobilfunknetze grundlegend. „Das ist die Basis dafür, dass auch in den ländlichen Räumen die das Leben in der Gigabit-Gesellschaft prägenden Dienste aus den Bereichen E-Health, E-Learning oder E-Government genutzt werden können. Wir fordern daher vom Bund, dass Förderungen zum Breitbandausbau fortentwickelt und so dotiert werden, dass in allen Landkreisen flächendeckende, hochleistungsfähige Breitbandnetze als wichtiges Element der Daseinsvorsorge vor Ort entstehen können", führte er aus. Die Förderung müsse sich vor allem auf die Errichtung von Glasfasernetzen konzentrieren. „Auch müssen im Rahmen der Vergabe der Frequenzen für den Ausbau von Mobilfunknetzen der nächsten Generation (5G) Auflagen zur flächendeckenden Versorgung ausgesprochen werden. Eine digitale Spaltung von Stadt und Land muss von vorneherein vermieden werden."

Koordinierungsstelle der Bundesregierung für kommunale Belange einrichten

Zum Schluss sprach er ein Thema von grundlegender Bedeutung an: Denn für sämtliche kommunalrelevanten Gesetzgebungsvorhaben und Maßnahmen des Bundes ist eine bestmögliche Abstimmung in Bezug auf die Interessen von Landkreisen, Städten und Gemeinden notwendig. „Die bisherigen Beteiligungsrechte der kommunalen Spitzenverbände reichen nicht aus, um zu einer in sich stimmigen Politik des Bundes in Bezug auf die kommunale Ebene zu gelangen. Von daher fordern wir vom Bund eine Koordinierungsverantwortlichkeit innerhalb der Bundesregierung für kommunale Belange ein, und zwar beim Staatsminister für die Bund-Länder-Koordinierung im Kanzleramt. Bei der Flüchtlingsfrage hat sich die Koordinierung im Kanzleramt sehr bewährt", so DLT-Präsident Sager.

Zum Forderungspapier pdf

Die 25 Forderungen im Überblick



Bild: VRD - Fotolia.com


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