Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein vom Unterhaltsberechtigten ausgehender einseitiger Kontaktabbruch gegenüber seinem volljährigen Sohn für eine Verwirkung seines Anspruchs auf Elternunterhalt allein nicht ausreicht. Daher kann in einem solchen Fall das kommunale Sozialamt Rückgriff bei den Angehörigen nehmen, wenn die Leistungen der Pflegeversicherung nicht ausreichen und die öffentliche Hand zunächst für die darüber hinausgehenden Kosten aufgekommen ist. Die Sozialbeigeordnete des Deutschen Landkreistages Dr. Irene Vorholz kommentierte dieses Urteil gegenüber den Stuttgarter Nachrichten (Donnerstagsausgabe) wie folgt:

„Der Deutsche Landkreistag begrüßt das Urteil des BGH. Dadurch werden die Rückgriffsmöglichkeiten der Sozialämter gestärkt. Es ist richtig und geltendes Recht, dass finanzkräftige Angehörige für ihre pflegebedürftigen Eltern einstehen müssen. Dies gilt auch, wenn die familiäre Beziehung keine einfache ist. Letztlich entfällt die Unterhaltspflicht nur im Ausnahmefall, nämlich bei einer ‚vorsätzlichen schweren Verfehlung'. Davon ist der BGH vorliegend allerdings nicht ausgegangen. Vielmehr hatte sich der Vater um seinen Sohn bis zu dessen 17. Lebensjahr gekümmert. Dann ist es folgerichtig, dass der Sohn herangezogen wird, wenn der Vater im Alter bedürftig ist", sagte sie.

"Für die Sozialämter der Landkreise handelt es sich dabei nicht um Peanuts, da sie immer öfter für die Unterfinanzierung der gesetzlichen Pflegeversicherung einzustehen haben. Sie sind Ausfallbürge und springen dann ein, wenn die Pflegestufen nicht ausreichen. Immerhin geht es um jährliche Bruttoausgaben in Höhe von 3,72 Mrd. Euro, die die Landkreise und Städte für die Hilfe zur Pflege (Sozialhilfe) aufwenden. Dem stehen lediglich 470 Mio. Euro Einnahmen z.B. aus dem Unterhaltsrückgriff gegenüber. Es kann nicht sein, dass die öffentliche Hand die ohnehin knappen Steuermittel einsetzen muss, obwohl es unterhaltspflichtige Angehörige gibt. Vor diesem Hintergrund nährt das BGH-Urteil die Hoffnung, zukünftig vielleicht im ein oder anderen Fall finanzkräftige Angehörigen heranziehen zu können. Die Sozialhilfe knüpft dabei nur an den zivilrechtlichen Unterhalt an. Deswegen ist das BGH-Urteil für uns von Bedeutung."