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In einem ordnungsgemäßen Verfahren hat die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) empfohlen, den Rundfunkbeitrag für die Beitragsperiode 2021 auf 18,36 Euro monatlich pro Haushalt festzusetzen und die Aufteilung der Anteilsverhältnisse insbesondere zugunsten des ZDF zu modifizieren. In der Vergangenheit war zudem festgelegt worden, dass von dem zuletzt bis Ende 2020 erhobenen Rundfunkbeitrag von 17,50 Euro monatlich pro Haushalt 30 Cent von den Anstalten nicht verausgabt werden durften, sondern einer in den Jahren 2021 bis 2024 zusätzlich zum ermittelten Beitragsaufkommen zur Verfügung stehenden Sonderrücklage zuzuführen.

Während 14 Landesparlamente die KEF-Empfehlung durch Legislativakte umgesetzt haben, ist es im Landtag von Sachsen-Anhalt nicht zu einer Abstimmung über die Beitragsanpassung gekommen, so dass eine Hinterlegung der Ratifikationsurkunde durch den Ministerpräsidenten dieses Landes nicht erfolgen konnte. Dadurch lagen die Voraussetzungen für das Inkrafttreten des die Beitragsanpassung normierenden 1. Medienänderungsstaatsvertrages zum 1.1.2021 nicht vor.

Das ZDF, Deutschlandradio und die in der ARD zusammengeschlossenen Rundfunkanstalten haben daher das Bundesverfassungsgericht unter Berufung auf dessen bisherige Rechtsprechung zur in Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG geschützten Rundfunkfreiheit angerufen. Dass ein Hauptsacheverfahren nicht bis Jahresende 2020 durchgeführt werden konnte, sondern gründlicher Vorbereitung durch das BVerfG bedarf, stand dabei für alle Beteiligten außer Frage. Daher haben die Anstalten zusätzlich Anträge auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung gestellt, die das BVerfG mit Beschluss vom 22.12.2020 als solche zwar abgelehnt, zu denen es aber in der Sache bedeutsame Fingerzeige gegeben hat.

Das von Vorsicht geprägte prozessuale Vorgehen der Rundfunkanstalten wird vom BVerfG noch einmal dadurch legitimiert, dass es bestätigt, dass der Senat früher gefordert hat,

„dass sich eine möglicherweise durch das Fehlen hinreichender Mittel ausgelöste Verschlechterung des Programmangebots angesichts der Zeitgebundenheit der Wirkungen des Rundfunks nicht schlicht durch eine entsprechende finanzielle Mehrausstattung in späteren Zeiträumen kompensieren lasse. Ist in vergangenen Zeiträumen ein verschlechtertes Programm ausgestrahlt worden, kann dies durch eine spätere Mehrausstattung tatsächlich nicht mehr ausgeglichen werden.“

Das stimmt zweifellos, setzt realiter aber eine „Verschlechterung des Programmangebots“, hier ab 1.1.2021, voraus. Wenn demgegenüber das auf der Grundlage der KEF-Empfehlungen geplante

„Programmangebot tatsächlich erbracht wird, ist nach den genannten Grundsätzen eine kompensierende Mehrausstattung in späteren Zeiträumen durchaus nicht ausgeschlossen“,

betont das BVerfG zutreffend.

Es fährt sodann fort, dass die Rundfunkanstalten natürlich

„nicht auf unbegrenzte Zeit in der Lage wären, das Programmangebot trotz der Aussicht auf spätere finanzielle Mehrausstattung gewissermaßen in eigener ‘Vorleistung’ zu realisieren.“

Dass dies aber, wie das BVerfG anfügt,

„mit Blick auf entsprechende spätere Mehrausstattung für eine gewisse Zeit möglich sein sollte“,

ist dann doch schon ein „Wink mit dem Zaunpfahl“ für den Ausgang des zur Beseitigung von Ungewissheiten möglichst rasch durchzuführenden Verfahrens in der Hauptsache. Das BVerfG fügt zudem noch hinzu, dass den Anstalten auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung jedenfalls ein Ausgleich zu gewähren wäre,

„falls ihnen auf der Grundlage einer verfassungswidrigen Festsetzung des Beitrags Mittel – etwa für nötige Investitionen – entgangen sein sollten, deren Bezug nach ihren früheren Bedarfsanmeldungen und den Feststellungen der KEF erforderlich war, um die Erfüllung des Rundfunkauftrags sicherzustellen“.

Die falscheste Reaktion, die man auf diese bei näherem Hinsehen nicht unkluge Entscheidung des BVerfG zeigen konnte, hat der ARD-Vorsitzende verlautbart:

„Wir müssen unsere Finanzplanung anpassen. Ein Ausbleiben der Beitragsanpassung wird gravierende Maßnahmen erfordern, die man im Programm sehen und hören wird.“

Wer so reagiert, erweist sich nicht nur als schlechter Verlierer in einer Sache, die gar nicht verlorengegangen ist, sondern kündigt darüber hinaus eine bewusste Selbstschädigung an, weil Minderleistungen im Programm eben nicht nachträglich durch „eine kompensierende Mehrausstattung“ noch belohnt werden können.

Geboten ist nun seitens des BVerfG eine möglichst zügige Durchführung des Hauptsacheverfahrens und seitens der Verantwortlichen in den Rundfunkanstalten ein kluges, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit strikt beachtendes Programmmanagement gegebenenfalls unter ergänzendem Einsatz vorhandener Rücklagen bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens. Den Zuschauern und Hörern gerade in diesen schwierigen Zeiten ein dem öffentlichen Auftrag entsprechendes hochwertiges Programm auch ab 1.1.2021 zur Verfügung zu stellen, ist jetzt die vornehmste Aufgabe von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Das wäre überdies der beste Beweis dafür, im Hauptsacheverfahren mit der vom BVerfG zumindest als Möglichkeit in Aussicht gestellten „kompensatorischen Mehrausstattung“ belohnt zu werden.

Autor: Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages und Mitglied des ZDF-Fernsehrates