Der Deutsche Landkreistag hat sich in der aktuellen Haushaltsdiskussion dafür ausgesprochen, zur Sicherung künftiger Generationen offen und ohne Tabus über Einsparpotenziale zu reden und keinen Bereich auszunehmen.

Präsident Landrat Hans Jörg Duppré sagte: „In Anbetracht von Schuldenbremse, Rettungspaketen und schwieriger Konjunktur sind enorme Sparanstrengungen notwendig, um die öffentlichen Haushalte nicht vollkommen zu überfordern. Dabei dürfen die Lasten nicht nur zwischen Bund, Ländern und Kommunen hin- und hergeschoben werden. Nötig sind vielmehr echte Einsparungen. Eine Schlüsselrolle wird hier der Bereich der Sozialleistungen einnehmen müssen, der sowohl den Bundeshaushalt als auch die kommunalen Haushalte immer weiter einschnürt. Worauf wir heute aus Vernunft verzichten, sichert das Auskommen unserer Kinder. Wir können nicht dauerhaft über unsere Verhältnisse leben!“

Duppré warnte im Vorfeld der Haushaltsklausur am Wochenende eindringlich davor, lediglich Kostenlasten zwischen Bund, Ländern und Kommunen umzuverteilen. „Das entlastet den öffentlichen Gesamthaushalt um keinen Cent, sondern schafft nur neue Probleme. Dies gleicht einem ‚Schwarzer-Peter-Spiel‘ um die Aufgabe, wer den Bürgern gegenüber notwendige Leistungskürzungen verantworten muss.“ Beispielhaft wies Duppré auf mögliche Kürzungen bei den den Ländern zustehenden Regionalisierungsmitteln zur Aufrechterhaltung des Schienenverkehrs und bei den Gemeinschaftsaufgaben zur Agrar- und Wirtschaftsförderung hin. „Das Prinzip ‚linke Tasche, rechte Tasche’ führt nicht weiter. Wir erwarten, dass der Bund seine Ankündigung in der Gemeindefinanzkommission, nach der es keine Lastenverschiebungen zwischen den Ebenen geben darf, auch bei der Konsolidierung seines eigenen Haushalts zur obersten Maxime macht. Alles andere wäre kein ‚intelligentes Sparen’.“

Stattdessen wies Duppré auf nicht mehr verschiebbare Einsparungen im Bereich der sozialen Leistungen hin: „Hier haben wir über Jahrzehnte ein System aufgebaut, das in dieser Form schlicht nicht mehr bezahlbar ist. Allein die Kommunen geben jährlich für soziale Leistungen über 40 Mrd. Euro aus, wobei die Kosten pro Jahr in Milliardenhöhe steigen. In diesem Bereich wird es ohne Kürzungen nicht gehen, das müssen wir uns ehrlich eingestehen.“ Rund zwei Drittel der kommunalen Sozialausgaben tragen Landkreise und Höhere Kommunalverbände, 30 % kreisfreie Städte und knapp 5 % die kreisangehörigen Gemeinden. In den Kreishaushalten sind mittlerweile 70 bis 80 % der Ausgaben für soziale Leistungen gebunden. Duppré sicherte die Unterstützung des Deutschen Landkreistages auch bei schmerzlichen, aber notwendigen Sparmaßnahmen im sozialen Bereich zu. „Hierzu gehört etwa auch, Sozialleistungen künftig stärker auf Bedürftige zu konzentrieren und z.B. nicht auch ohne Kostenbeteiligung an Wohlhabende auszureichen.“

grafik soziallasten kommunen 2001 bis 2007

Zusammenstellungen der kommunalen Ausgaben für soziale Leistungen 2001 bis 2007 als Tabelle pdf.

Allerdings warnte er vor Schnellschüssen: „So wird derzeit über eine Pauschalierung der Wohnkosten für Langzeitarbeitslose nach dem SGB II nachgedacht in der Hoffnung, dadurch Kosten sparen zu können. Eine derartpauschale Leistungsberechnung führt allerdings tatsächlich zu Kostensteigerungen bezogen auf das Leistungsniveau, die nicht über die Ersparnis von Verwaltungskosten aufgefangen werden können. Daher ist hier Vorsicht geboten.“

Mit Blick auf die kommunale Finanzsituation sagte Duppré: „Die Landkreise sind seit Jahren bemüht, die Talfahrt der Kommunalfinanzen zu verlangsamen – etwa durch die Modernisierung und Verschlankung der Verwaltungen. Sie stoßen aber immer wieder an strukturelle Grenzen.“ Viele Kommunen finanzierten bereits ihr Personal über Kassenkredite, also kurzfristige Liquiditätshilfen. „Das kann so nicht weitergehen! Klar ist aber auch, dass weder Länder noch Bund über ausreichende Finanzmittel verfügen. Auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen“, so der DLT-Präsident.

„Das Problem der unzureichenden kommunalen Finanzausstattung ist nicht etwa durch ein Rettungspaket für die Kommunen in den Griff zu bekommen; vielmehr ist es struktureller Natur. Hierfür bedarf es einer grundsätzlichen und systematischen Lösung. Schließlich haben die Kommunen gegenüber ihren Bürgern eine große Verantwortung, der sie aus eigener Kraft mit der dafür notwendigen finanziellen Mittelausstattung gerecht werden müssen.“ Dazu zähle etwa, die kommunale Steuerbasis zu verbreitern – z.B. durch Erhöhung des kommunalen Anteils an der Umsatzsteuer – die kommunalen Einnahmen besser zwischen finanzschwachen und finanzstarken Kommunen zu verteilen und soziale Leistungen und Subventionen nicht ständig weiter zulasten der kommunalen Haushalte auszubauen.

Generell dürfe es in der Spardiskussion keine Tabus geben. „Wir erwarten mit Blick auf die anstehende Kabinettsklausur am Wochenende die Sparvorschläge des Bundes und werden diese sorgfältig prüfen im Bewusstsein, dass es ein ‚Weiter so!‘ nicht geben kann.“ Vor allem der Sozialstaat müsse wieder Vernunft annehmen und sich daran orientieren, was mit Blick auf künftige Generationen bezahlbar sei, so Duppré abschließend.