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In einem ausführlichen Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Samstagsausgabe) hat der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Prof. Dr. Hans-Günter Henneke, über die Gründe gesprochen, warum Deutschland immer wieder über seine Verhältnisse lebt. Die Bundespolitik schaffe ständig neue Staatsaufgaben, doch kümmern müssten sich darum oft andere.

Es habe sich ihm „tief eingegraben“, was der spätere Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig als junger Hochschullehrer 1986 gesagt habe: Aufgaben des Staates würden auf den oberen Ebenen erfunden, anschließend aber, samt Finanzierung, auf die unteren Ebenen „heruntergedrückt“. Ergebnis seien Kommunen, denen der „Wegdrückungsmechanismus“ nicht nur finanzielle Spielräume, sondern auch die Selbstverwaltung raube. „Der Bund hat relativ viele Gesetzgebungskompetenzen, aber bei Weitem nicht alle. Der Vollzug liegt bei den Ländern. Der Bundesrat kann alles verhindern, was Geld der Länder und Kommunen kostet. Der Bund kann kein einziges Gesetz machen, indem er den Ländern Finanzierungslasten auferlegt, ohne dass sie dies abwehren können. Das gerät immer in Vergessenheit, wenn der Bund für teure Projekte verantwortlich gemacht wird."

Der Bund stelle also eine Leistung ins Schaufenster und sage: „Ich gebe euch für eine bestimmte Zeit so und so viele Millionen Euro Mehrwertsteuer für die Finanzierung. Das reicht dann zwar nicht, und die Länder könnten das Gesetz deshalb ablehnen. Aber sie tun es meistens nicht, weil sie die Finanzierung attraktiv finden und sagen, der Rest werde sich schon irgendwie finden. Außerdem sind die Länder mit dem Bund parteipolitisch so verwoben, dass sie sagen: Das wollen wir in der Sache ja eigentlich auch. Am Ende wissen wir alle, es kostet uns verdammt viel Geld und wir gehen da erst mal mit einer gewissen Summe ins Rennen. Dass sie nicht reicht, wissen wir alle. Aber es ist unumkehrbar", so Henneke.

Das setze die Kommunen enorm unter Druck. „Es gibt Fälle, in denen der Bund gar keine Gesetzgebungskompetenz hat und sich die Sache trotzdem unter den Nagel reißt." Henneke nannte als Beispiel dafür die Ganztagsbetreuung: „Als Fürsorgeleistung sei sie das Einfallstor des Bundes gewesen, sich noch stärker in die Verantwortung für das Bildungswesen einzumischen. Wir haben dann gefordert, dass die Leistungen der Kommunen dauerhaft von den Ländern finanziert werden und zwar unabhängig von der Frage, ob und wie lange die Länder Geld vom Bund bekommen und wie viel sie bekommen."

Die Schuldenbremse schütze künftige Generationen vor Überlastung und sei eigentlich als Gegenmittel gedacht. „Im Klima-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts heißt es, dass wir beständig Klimaschutz betreiben müssen, damit künftige Generationen nicht übermäßig belastet werden. Aber die Konsequenz heißt nicht: Jetzt darf die Klimakatastrophe mit Schulden bekämpft werden. Unsere Kinder und die Kinder, die später geboren werden, haben alle ein Anrecht darauf, auf einem nicht kaputt gemachten Planeten zu leben. Wir müssen dazu beitragen – durch Verzicht, durch Umsteuern, durch wirksame Maßnahmen, die auch Geld kosten. Die muss aber jede Generation selbst bezahlen. Wer das Verfassungsgericht so verstanden hat, dass es erlaubt, Klimaschutz mit Geld zu betreiben, dass er sich von seinen Kindern leiht, der hat nichts verstanden."

 

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