© Igor Yaruta

Der Deutsche Landkreistag hat sich im Vorfeld seiner Jahrestagung in Merseburg (Saalekreis) zum Klimaschutz geäußert. Präsident Landrat Reinhard Sager sprach von einem Thema, dessen Bedeutung mittlerweile wahlentscheidende Dimensionen angenommen habe. „Den Landkreisen kommt etwa bei den erneuerbaren Energien, beim Wald oder beim Umbau des Energiesystems eine zentrale Rolle zu. Klimaschutz und Energiewende dürfen nicht auf Kosten der ländlichen Räume gestaltet werden. Als Standorte für Windenergieanlagen, Photovoltaik-Freiflächen, Biogasanlagen und Überlandleitungen tragen die ländlichen Räume besondere Belastungen. Es bedarf deshalb bei möglichen neuen Instrumenten wie einer CO2-Bepreisung auch eines besonderen Ausgleichs für die ländlichen Räume. Zudem gilt es, umgehend in moderne Mobilitätsinfrastruktur wie Schienenwege, bedarfsgerechte und flexible Angebote, Radwege und vieles mehr zu investieren.“

Man müsse gut aufpassen, dass es beim Klimathema nicht wieder zu einer einseitigen Wahrnehmung der großen Städte komme: „56 % der Bevölkerung leben in ländlichen Räumen. 91 % der Fläche Deutschlands sind ländlich.“ Die Energiewende entscheide sich vor allem im ländlichen Raum.

In diesem Zusammenhang ist Sager davon überzeugt, dass es ein falscher Weg wäre, mit Verboten statt mit Anreizen zu operieren und beispielsweise Treibstoffe höher zu besteuern. „Das führt lediglich zu höheren Kosten für die Verbraucher, die auf das Auto angewiesen sind. Und diese finden wir nicht in den großen Städten mit ihrem engen ÖPNV-Netz. Nein, die davon betroffenen Pendler leben in den Landkreisen und vielfach im ländlichen Raum.“ Dies verdeutliche, dass Schnellschüsse in der Klimapolitik zwar auf den ersten Blick nach einfachen Lösungen klingen, bei Lichte betrachtet aber große strukturelle Verwerfungen hervorrufen könnten. „Daher müssen die Folgewirkungen mitgedacht und an anderer Stelle abgefedert werden.“

Gleiches gelte für die Mobilitätswende, die der Klimawandel immer dringlicher werden lasse. Sie betreffe nicht nur Berufspendler, auf die in der laufenden Debatte besonderes Augenmerk gerichtet werden sollte. „Von einer Verteuerung der Autonutzung betroffen wären die allermeisten Haushalte in den Landkreisen. Denn hier – und das ist ein großer Unterschied zu den Großstädten – verfügt nahezu jede Familie über mindestens ein Auto.“ Solle beispielsweise Elektromobilität breite Akzeptanz finden, müsse deshalb die entsprechende Infrastruktur mit Unterstützung von Bund und Ländern noch weiter und verstärkt flächendeckend ausgebaut werden. Auch autonome Fahrzeugkonzepte sollten gerade in der Fläche erprobt werden.

Schwieriger sei die Situation bei kommunalen Nutzfahrzeugen und Elektrobussen, so Sager weiter: „Die EU hat hier unlängst ambitionierte Vorgaben gemacht, die vorsehen, dass bis 2025 bzw. 2030 ein großer Teil der beschafften Busse und Lkw ‚saubere Fahrzeuge‘ sein müssen. Das ist allerdings im ländlichen Raum ohne massive Unterstützung auch durch Bund und Länder im Zuge der anstehenden Beschlüsse des Klimakabinetts nicht darstellbar – den Verkehrsbetrieben drohen sonst unverhältnismäßige Kosten. Das bringt den ÖPNV in der Fläche nicht voran, schlimmstenfalls sogar zum Erliegen.“

Und der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien müsse mit besonderem Blick für die Landkreise und mit Augenmaß betrieben werden: „Von daher sind Energiepolitik und Klimaschutz strukturpolitische Themen, bei denen man die unterschiedlichen Betroffenheiten von Stadt und Land in eine gesunde Balance bringen muss. Nicht zuletzt um die Akzeptanz für die Energiewende zu sichern, brauchen wir viel klarere, wirtschaftliche Anreize. Die Wertschöpfung muss bei den Menschen vor Ort bleiben“, formulierte er zum Schluss.

 

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