Keine neun Monate ist es her, dass das Bundesverfassungsgericht die Übertragung des Bildungspakets für Kinder und Jugendliche im Sozialhilfebezug auf die Kommunen für verfassungswidrig erklärt hat. Dies hat seinen Grund darin, dass nicht der Bund, sondern nur die Länder den Landkreisen und Städten neue Aufgaben übertragen können und diese dann auch finanzieren müssen. „Das hindert den Bund aber offenbar nicht daran, mit der für Mai geplanten Corona-Sonderzahlung von 150 €, die die Kommunen an Sozialhilfeempfänger erbringen sollen, erneut diesen verfassungswidrigen Weg einschlagen zu wollen. Die Zahlung ist an sich richtig, es wäre aber ein Sündenfall, weil so neue kostenträchtige Aufgaben direkt vom Bund auf die Kommunen übertragen würden. Das müssen Bundestag und Bundesrat verhindern“, so der Präsident des Deutschen Landkreistages Landrat Reinhard Sager nach den Beratungen des DLT-Präsidiums.
Die Karlsruher Entscheidung aus dem vergangenen Sommer sei ein Meilenstein, der Landkreise und Städte in ihrem Selbstverwaltungsrecht gestärkt habe: „Seither ist umso klarer, dass der Bund weder den Landkreisen und Städten neue Aufgaben zuweisen noch eine bereits zugewiesene Aufgabe erweitern darf. Stattdessen müssen die Länder die Aufgabe auf die Kommunen übertragen und dann auch finanzieren.“
Der Bund hat nun mit der Corona-Sonderzahlung an Sozialhilfeempfänger einen neuen Rechtsanspruch und damit eine neue Aufgabe für die Kommunen ins Gesetz geschrieben. „Das geht nicht, da die betreffende Vorschrift zur Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Städte vom Bundesverfassungsgericht erst im Sommer für verfassungswidrig erklärt worden ist. Das macht uns sprachlos.“
Was wie ein rechtliches Detail klinge, habe grundlegende Bedeutung im föderalen Gefüge: „Wir stellen die Sinnhaftigkeit der Corona-Zahlung nicht in Frage, ganz im Gegenteil. Es geht aus kommunaler Sicht darum, die für die Einmalzahlung insgesamt aufzuwendenden 15 Mio. € erstattet zu bekommen. Zugleich sorgen wir uns um die Signalwirkung, wenn der Bund mit weiteren Gesetzen auf die Kommunen durchgreift. Und es betrifft den Rechtsstaat als solchen: Der Bund darf schlichtweg nicht sehenden Auges verfassungswidrige Gesetze beschließen und schon gar nicht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ignorieren. Da darf es kein Wenn und Aber geben“, so der DLT-Präsident.