Der Deutsche Landkreistag hat erneut auf die schwierige Finanzsituation der Landkreise hingewiesen. Präsident Reinhard Sager sagte nach der Sitzung des Präsidiums im Landkreis Oberspreewald-Lausitz: „Die kommunale Ebene hat im vergangenen Jahr mit einem Defizit von etwa 6 Mrd. € abgeschlossen. Vor allem die stark steigenden Ausgaben machen den Städten, Landkreisen und Gemeinden zu schaffen. Die Lage der Kreisfinanzen ist mit einem Defizit von ca. 2 Mrd. € ebenso besorgniserregend und bleibt es selbst nach den Prognosen des Bundesfinanzministeriums auch für die kommenden Jahre.“ Gerade die Kreishaushalte seien alles andere als krisenfest, denn die Landkreise hätten keine eigenen Steuereinnahmen und seien bei der Erhebung der Kreisumlage durch ein Rücksichtnahmegebot gegenüber den Gemeinden begrenzt. „Um dieses Dilemma aufzulösen, unterstützt der Deutsche Landkreistag den Gang zweier Landkreise vor das Bundesverfassungsgericht. Eine andere Möglichkeit sehen wir nicht.“
Der düstere Befund der stark steigenden Ausgaben treffe insbesondere für die 294 Landkreise zu: „Hohe Personalausgaben, steigende Sachaufwände, ein üppiger Tarifabschluss und vor allem die Sozialausgaben sind die wesentlichen Kostentreiber.“
Gerade bei den Ausgaben für – ukrainische und andere – Geflüchtete hätten es die Landkreise aktuell mit einer wachsenden Kostendynamik zu tun: „Unsere Kernforderung nach einer vollständigen Übernahme der Unterkunftskosten für anerkannte Flüchtlinge durch den Bund ist noch immer unerfüllt. Allein hier geht es 2022 und 2023 zusammen um 5 Mrd. €. Nur so können die betroffenen Landkreise, die die Unterbringung leisten, unmittelbar von den damit verbundenen Kosten entlastet werden.“
Für die Landkreise komme erschwerend hinzu, dass sie keine eigenen Steuereinnahmen haben und zudem bei der Erhebung der Kreisumlage durch das Bundesverwaltungsgericht sehr reglementiert seien: „Wir fordern deshalb, die Widerstandsfähigkeit der kommunalen Haushalte, insbesondere der Kreishaushalte gezielt politisch anzugehen. Dazu bedarf es einer Aufstockung der originären kommunalen Steuereinnahmen durch einen erhöhten Umsatzsteueranteil, die gezielt den Landkreisen zugutekommen sollte. Dabei muss man sich aber vom bisherigen wirtschaftsbezogenen Verteilungsmaßstab lösen und die Mittel nach Einwohnern verteilen.“
Sager fügte erläuternd hinzu, dass die Landkreise einerseits in Anbetracht ihrer schwierigen Finanzsituation die Gemeinden stark über die Kreisumlage heranziehen müssten, andererseits durch die Rechtsprechung dazu verpflichtet seien, den Gemeinden nicht deren möglicherweise letzte finanzielle Bewegungsfreiheit zu nehmen. „Die Landkreise sind damit in einer komplizierten Lage. An das jeweilige Land können und müssen sie sich zwar im Hinblick auf die Sicherstellung einer angemessenen Finanzausstattung wenden, allerdings haben wiederum verschiedene Landesverfassungsgerichte und Länder dies unter den Vorbehalt der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Landeshaushalts gestellt. Damit sitzen die Landkreise zwischen Baum und Borke und sind die eigentlich Leidtragenden. Das muss aufgelöst werden.“
Aus diesem Grund unterstützte der Deutsche Landkreistag die Absicht des Landkreises Mansfeld-Südharz und des Salzlandkreises, vor dem Bundesverfassungsgericht die Frage klären zu lassen, ob der grundgesetzliche Schutz der kommunalen Finanzausstattung – so das Bundesverwaltungsgericht zur Kreisumlage – absolut gilt oder aber ein Leistungsfähigkeitsvorbehalt greift. „Erkennt das Bundesverfassungsgericht die kommunale Finanzausstattung als absolut geschützt an, ist dies auch von den Ländern gegenüber den Kreisen zu beachten. Würde der Schutz durch das Bundesverfassungsgericht hingegen relativiert, würde das nicht ohne Auswirkungen auf die bisherige Rechtsprechung zur Kreisumlage sein“.
Die Klage habe über die beiden Landkreise hinausreichende grundlegende Bedeutung für alle Landkreise. „So oder so müssen wir aus dieser für die Landkreise misslichen Zwickmühle herauskommen. Darum geht es beim Gang nach Karlsruhe“, so Sager abschließend.