Auf seiner Jahrestagung im thüringischen Eisenach hat sich der Deutsche Landkreistag schwerpunktmäßig mit dem Ausbau und der Sicherung der Infrastruktur in der Fläche beschäftigt. Die über 200 Landräte und Delegierte

aus den Landkreisen diskutierten u.a. mit Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer und der Ministerpräsidentin des Freistaats Thüringen, Christine Lieberknecht, über demografische Entwicklung, Wirtschaftspolitik, Verkehrsinfrastruktur, Breitbandversorgung, Energiewende, aber auch die bevorstehenden Standortentscheidungen der Bundeswehr. DLT-Präsident Landrat Hans Jörg  Duppré sprach sich u.a. für die Einführung eines Gesetzes-Checks Ländlicher Raum aus und wandte sich entschieden gegen Metropolstrategien zur einseitigen Entwicklung von Ballungszentren zulasten des ländlichen Raumes.

Duppré erläuterte, dass die Fläche vor großen Herausforderungen stehe, was die wirtschaftliche, demografische und infrastrukturelle Entwicklung betreffe. „Eine der zentralen Herausforderungen für Landkreise, Städte und Gemeinden in den nächsten Jahren und Jahrzehnten ist der demografische Wandel. Insgesamt ist die Fläche zumeist Verlierer dieser Entwicklung und daher mit besonderen Herausforderungen konfrontiert.“

Gleichwertige Lebensverhältnisse
Ziel müsse es daher nach wie vor sein, den Menschen in allen Teilräumen gleichwertige Lebensverhältnisse im Verhältnis zu verdichteten Gegenden und Ballungszentren zu sichern und sie nicht von den wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten abzuschneiden, wobei der Erhöhung des Arbeitsplatzangebots in der Fläche eine Schlüsselrolle zukomme. Duppré erläuterte: „Darunter ist Chancengleichheit zu verstehen, die regional sehr unterschiedlich ausgefüllt werden kann. Gleichmacherei wollen wir nicht.“
„Wir wollen keinen Landesteil aufgeben. Ziel muss sein, zu einer selbsttragenden Entwicklung in allen Teilräumen zu gelangen und die jeweiligen regionalen Entwicklungspotenziale zu unterstützen. Einseitige Metropolstrategien sind in diesem Zusammenhang pures Gift.“ Vor diesem Hintergrund sei eine Kürzung von Fördermitteln – etwa bei der Städtebauförderung – problematisch, weil Zukunftsinvestitionen in die öffentliche Infrastruktur dringend nötig seien, auch und vor allem im ländlichen Raum.  

Selbstgestaltungskräfte der Fläche unterstützen
Ferner seien flexible Lösungsansätze sowie gesetzliche Rahmenbedingungen notwendig, die den Kommunen Raum für Kreativität lassen und auch das Abweichen von Standards erlauben. „Die Selbstgestaltungskräfte vor Ort müssen gestärkt werden. Lösungen für die zum Teil gravierenden Herausforderungen kommen zuallererst von den Akteuren vor Ort. Dieses Engagement muss seitens der Politik unterstützt und darf nicht abgewürgt werden!“, bekräftigte Duppré. Vor diesem Hintergrund spiele etwa die Forderung nach Regionalbudgets in kommunaler Hand eine große Rolle, um den Einsatz von Fördermitteln stärker auf die regionalpolitisch sinnvollen Projekte zu konzentrieren. Auch dürfe der Bund im Zuge der für Ende Oktober erwarteten Entscheidungen zur zukünftigen Stationierung der Bundeswehr betroffene Konversionskommunen nicht allein lassen, sondern müsse sie z.B. im Rahmen der bestehenden Förderpolitik finanziell zusätzlich unterstützen.  

Gesetzes-Check Ländlicher Raum
Der DLT-Präsident dankte Bundesverkehrsminister Ramsauer in diesem Zusammenhang für dessen Engagement zur Stärkung des ländlichen Raumes im Rahmen der „Initiative Ländliche Infrastruktur“. „Darauf aufbauend muss die Bundesregierung ihre Maßnahmen noch weiter bündeln, damit daraus ein Gesamtpaket für den ländlichen Raum wird. Hier sind zugegebenermaßen viele Ressortgrenzen zu überwinden.“ Darüber hinaus könne ein Gesetzes-Check Ländlicher Raum in das Bundesgesetzgebungsverfahren aufgenommen werden, der Bundesgesetze auf deren Raumwirksamkeit und Auswirkungen für den ländlichen Raum im Sinne einer Gesetzesfolgenabschätzung überprüft. „Der Normenkontrollrat kann hier als Orientierungspunkt dienen“, erläuterte er.  

Finanzierung der Straßeninfrastruktur
Von grundlegender Bedeutung seien intakte und gut ausgebaute Straßen. Duppré richtete insofern die Forderung an Bund und Länder, im Bereich der Gemeindeverkehrsfinanzierung auch über 2019 hinaus eine aufgabenangemessene Finanzierung sicherzustellen. Insbesondere müssten die Belange der Gemeindeverkehrsfinanzierung bei der bis 2019 erforderlichen Neuregelung des Bund-Länder-Finanzausgleichs ausreichend berücksichtigt werden. „Dabei sind der wachsende Erhaltungsbedarf insbesondere im Hinblick auf eine Zunahme des Güter- und Schwerlastverkehrs sowie Anpassungsbedarfe an den Klimawandel zu berücksichtigen. Allein die Kreisstraßen haben einen Anteil von 40 % am überörtlichen Straßennetz und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Erschließung der Fläche“, so Duppré.  

Elektromobilität gerade im ländlichen Raum
Weiter müsse gerade im ländlichen Raum die Entwicklung der Elektromobilität vorangetrieben werden. „Der ländliche Raum bietet besondere Potenziale für Elektromobilität: Hier wird der Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt, der erst für eine positive Klimabilanz der Elektromobilität sorgt. Hier kann er direkt im Rahmen regionaler Energiekreisläufe genutzt werden.“ Der Deutsche Landkreistag erwarte deshalb von der Bundesregierung, dass auch Pilotvorhaben im ländlichen Raum unterstützt werden.  

Energiewende entscheidet sich in der Fläche
Insgesamt werde die Energiewende überwiegend im ländlichen Raum stattfinden, fügte er hinzu. „Ein rascher Ausbau erneuerbarer Energien, der Speicher und des Übertragungsnetzes setzt aber auch Akzeptanz vor Ort voraus, was oft nicht selbstverständlich ist. Gerade deshalb ist eine gerechte Verteilung der Vor- und Nachteile zwischen Stadt und Land so wichtig.“ Hinsichtlich der Energieversorgungssicherheit und der Gleichpreisigkeit seien keine Abstriche im Vergleich zu den Ballungsräumen hinnehmbar. „Landkreise, Städte und Gemeinden müssen zudem über die Wertschöpfung vor Ort und entsprechende Einnahmen unmittelbar vom Ausbau der erneuerbaren Energien profitieren“, so Duppré. Zudem müsse ein Instrumentarium entwickelt werden, das – ggf. auch auf Landkreisebene – einen Ausgleich von Interessen- und Nutzungskonflikten ermögliche, forderte er. „Besonders beim Ausbau der Energienetze müssen Kommunen, Bürger und regionale Energieversorger eine gemeinsame Strategie verfolgen, damit alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Anders kann der ambitionierte Netzausbau nicht gelingen.“  

Insgesamt blickt der DLT-Präsident auf eine gelungene Veranstaltung zurück, in der wichtige Fragen des ländlichen Raumes thematisiert und politische Forderungen adressiert werden konnten. „Chancengleichheit für die Fläche im Verhältnis zu Ballungszentren zu sichern und sie nicht von den wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten abzuschneiden, ist die Aufgabe einer zukunftsfähigen und an Chancengleichheit orientierten Raumordnungs-, Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik. Dafür wird der Deutsche Landkreistag auch in Zukunft nach Kräften eintreten“, so Duppré abschließend.

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