Beispiel einer gelungenen Konversion der ehemaligen belgischen Nato-Kaserne „Wachtmeester Maenhout“ in Brakel

Im nordöstlichen Randbereich der Kernstadt Brakel wurden im Jahr 1965 die Wohnsiedlung für die Soldaten und ihre Angehörigen und die daran angrenzende Kaserne gebaut. Im Jahr 1966 folgte die Belegung durch das belgische 43. Artilleriebataillon mit fast 1.000 Soldaten. Der Wohnsiedlungsbereich bestand aus 276 Wohneinheiten mit drei-, sechs- und achtgeschossigen Wohnhäusern. Während der achtziger Jahre kamen ein Kindergarten, eine Schule sowie eine Sporthalle hinzu. Ein Kino wurde gebaut. Eigentümer der Flächen war ein Investor aus Essen. Die Verwaltung der Liegenschaften erfolgte durch das Bundesvermögensamt. Der Abzug der belgischen Soldaten geschah im Jahr 1994. Die Wohnanlage wurde anschließend von einer Grundstücksan- und Verkaufsgesellschaft aus Hamburg erworben.

Unmittelbar nach Abzug der Soldaten folgte ohne Mitwirkung der Stadt Brakel ein starker Zuzug von Spätaussiedlern aus dem Osten. Die Stadt rechnete mit einem Anstieg bis zu 1.200 Neubürgern. Insgesamt wurden tatsächlich ca. 2.500 Spätaussiedler aufgenommen. Ein Großteil davon lebte in der ehemaligen Wohnsiedlung der Nato-Streitkräfte. Durch den Zuzug der Spätaussiedler entstand eine sehr einseitige Sozialstruktur mit vielschichtigen Problemen. Hemmnisse für die Integration lagen u. a. in den mangelnden Sprachkenntnissen. Soziale Kontakte und eine berufliche Eingliederung wurden dadurch erschwert. Randale unter Jugendlichen und auch im Erwachsenenbereich waren nicht selten. Die negative Entwicklung wurde durch die isolierte Lage der Siedlung und ihr mittlerweile äußeres Erscheinungsbild verstärkt.

Erste Lösungsstrategien waren verstärkte Polizeipräsenz und Beratungsangebote der verschiedenen Bildungseinrichtungen. Ein Streetworker nahm seine Arbeit auf. Die AWO des Kreisverbandes richtete eine Außenstelle innerhalb des Wohnbereiches ein und unterstützte die Familien und Jugendlichen bei allen Alltags-, Erziehungs- und Ausbildungsfragen. Der Arbeitskreis „Lange Wanne“ als Koordinationsgremium für Aktivitäten in der Siedlung wurde 1994 gegründet. Mitglieder waren Vertreter der Stadt Brakel, der Polizei, des Kreisjugendamtes Höxter, des Caritasverbandes, der evangelischen Kirchengemeinde, der Arbeiterwohlfahrt, des Kolping-Berufsbildungswerkes und der Brakeler Schulen. Vielfältige Aktivitäten wurden entwickelt und umgesetzt. Seit 1996 ist eine Wohnungsbaugesellschaft Eigentümerin der Wohnsiedlung.

Ab 1998 wurde eine Ordnungspartnerschaft mit Polizei, Ordnungsamt, Jugendamt, Sozialamt, Jugendfreizeitstätte, der katholischen Kirchengemeinde, der Schulen und der neuen Eigentümerin gegründet. Der bisherige Arbeitskreis wird in der Folgezeit aufgelöst, da sich der überwiegende Teil in der Ordnungspartnerschaft wiederfindet.

Viele Projekte und Angebote führten dazu, dass die bisher bestehenden massiven Probleme gemindert aber nicht gelöst werden konnten. Zunehmend zogen die Bewohner in andere Stadtgebiete, teilweise wurde neu gebaut. Die Leerstände im Wohnbereich nahmen zu. Durch den wachsenden Leerstand stand die Eigentümerin unter Zugzwang.

Es wurden gemeinsame Strategien entwickelt, um die Wohn- und Lebenssituation in der Siedlung zu verbessern. Die Eigentümerin beauftragte im Jahr 2000 die LEG mit der Erstellung eines Integrierten Handlungskonzeptes und eines Rahmenplanes. Ein Architektenwettbewerb wurde durchgeführt. Die achtgeschossigen Hochhäuser wurden gesprengt. Auf dem Gelände entstand ein neues Wohnquartier mit 14 Einfamilienhäusern. Die verbleibenden Wohngebäude wurden mit Millionenaufwand saniert. Die Infrastruktur wurde erheblich verbessert. Die Straßenzüge in der Wohnsiedlung erhielten einen anderen Namen.

Für die Kaserne ließ die Stadt Brakel bereits im Jahr 1994 ein städtebauliches Strukturkonzept erstellen. Hierin wurden die Entwicklungsmöglichkeiten für das Areal aufgezeigt. Parallel wurde eine Studie erarbeitet, die Möglichkeiten der Vergrößerung des Arbeitsplatzangebotes in Brakel mittels Umnutzung der Kasernenanlage aufzeigen sollte. Der ehemalige belgische Kindergarten wurde durch einen Trägerverein aufgekauft und wird auch weiterhin als Kindergarten genutzt. Viele Kinder der Aussiedler wurden hier sukzessive aufgenommen und betreut.

Das Kasernengelände wurde 1999 vom Bundesvermögensamt an eine Investitions- und BeteiligungsAG verkauft. Auf der Grundlage eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans wurde ein Erschließungsvertrag erstellt. Dieser regelte die Ansiedlung eines Altenpflegeheims sowie medizinisch-therapeutische Einrichtungen und Gewerbe. Im Jahr 2000 wurden im östlichen Bereich drei bestehende Gebäude zu Pflegehäusern mit je 27 Plätzen umgebaut und privat betrieben. Im westlichen Teil entstanden Wohnungen für altengerechtes Wohnen. Das Kino wurde 2004 von einem privaten Betreiber gekauft.

Die Flächen des ehemaligen Sportplatzes, der Turnhalle sowie des ehemaligen Kfz-Abstellplatzes hat die Stadt Brakel erworben. Darauf entstanden ist auf der Grundlage eines integrierten Handlungskonzeptes ein Generationenpark (Aufstellung von Freiluftsportgeräten, Beachvolleyballfeld, Basketballfeld, Kletterwand, BMX-Radstrecke, Finn-Laufbahn, Bocciabahn, Bolzplatz, Inlinerrundkurs) sowie der Um-/Ausbau der ehemaligen Turnhalle zu einer multifunktionalen Halle.

In einem weiteren, letzten Abschnitt soll der Eingangsbereich der ehemaligen Kaserne zurückgebaut werden. Ein soziokulturelles Zentrum mit Freifläche ist ebenso geplant wie der Rückbau des überdimmensionierten Straßenzuges. Die von der Stadt Brakel durchgeführten bzw. noch geplanten Maßnahmen sind bzw. werden gefördert durch Zuwendungen des Landes NRW, des Bundes sowie mit EFRE-Mitteln.

 

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