Der Deutsche Landkreistag hat im Rahmen seines jährlichen Berichts zur finanziellen Situation der 295 Landkreise vor dramatisch zurückgehenden öffentlichen Investitionen im kommunalen Bereich gewarnt. Präsident Landrat Hans Jörg Duppré sprach von einem „gravierenden Investitionsstau, der wesentliche Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge

fest im Griff hat.“ Betroffen seien vor allem die Bereiche Kinderbetreuung und Schulen sowie der Straßenbau und -erhalt. „Insgesamt reden wir von einem Infrastrukturrückstand der Landkreise von rund 12,5 Mrd. €, Tendenz steigend“, so Duppré. Daher müsse schleunigst eine sachliche Diskussion darüber geführt werden, wie dieser Entwicklung seitens Bund und Ländern gerade in Anbetracht notwendiger Zukunftsinvestitionen z.B. in Breitbandinternet und Bildungsinfrastruktur wirksam entgegengewirkt werden könne.

Am deutlichsten sei der Investitionsstau beim Straßenbau zu beobachten. Dies gelte insbesondere für das Kreisstraßennetz, das mit einem Anteil von ca. 15 % am nationalen Gesamtnetz und einem Anteil von rund 40 % am überörtlichen Straßennetz einen wesentlichen Beitrag zur Erschließung der Fläche leistet. „In der Vergangenheit sind es insbesondere die Investitionen in die Kreisstraßen gewesen, die in Zeiten knapper Finanzen als erstes zurückgefahren werden mussten. Gerade aber das Kreisstraßennetz bedarf nach den vergangenen harten Wintern dringend Reparaturen“ führte der DLT-Präsident aus.

grafikpm20120828„Wir erwarten daher von Bund und Ländern, dass die Verabredungen aus der Föderalismusreform I eingehalten und die über das Entflechtungsgesetz für den ÖPNV und Straßenbau bereitgestellten Mittel schnellstmöglich auch für die kommenden Jahre gesichert werden.“ Der kommunale Investitionsbedarf im Bereich des Straßenbaus sei bis 2020 auf ungefähr 162 Mrd. € zu schätzen und steige daher beständig an. „Neben weiterem Bedarf an Neu- und Ausbau bestehender Infrastruktur gewinnt dabei der Erhaltungsbedarf zunehmend an Bedeutung.“

Deshalb müsse es um wirkungsvolle Ansätze gehen, um den sich weiter verschärfenden Investitionsstau aufzulösen: „Die Kommunen brauchen dringend wieder finanzielle Spielräume, um ihrer Investitionstätigkeit angemessen nachkommen zu können. Dies ist umso wichtiger, als uns mit dem Breitbandausbau der nächsten Generation bereits ein weiteres Thema ins Haus steht“, mahnte Duppré.
Haushaltsausgleich
Bei der Informationsinfrastruktur sei der Investitionsstau allein in den Kreishaushalten bereits auf 2 Mrd. € angewachsen. „Wir müssen und wir wollen uns als Landkreise auch unmittelbar um den Breitbandausbau kümmern. Allerdings sind unsere finanziellen Möglichkeiten begrenzt. Deshalb muss ein neues, bundesfinanziertes Förderprogramm aufgelegt werden, um gezielt den Ausbau von NGA-Internet voranzubringen.“

Auch im Gesundheitssektor sei bei den Landkreisen als Krankenhausträger ein gravierender Investitionsrückstand zu beklagen. Die Investitionslücke betrage allein für die Landkreise 1,8 Mrd. €, wobei der in den vergangenen Jahren zunehmend zu beobachtende faktische Rückzug der Länder aus der Finanzierung der Gesundheitsinfrastruktur den Engpass zusätzlich verschärfe.

Insgesamt zog Duppré ein gemischtes Fazit zur Situation der Kreisfinanzen: „Trotz Erholung der kommunalen Steuereinnahmen infolge der anziehenden Konjunktur, die vor allem den Gemeinden und Städten zugutekommt, verharren die Landkreise in der Problemzone. So werden in diesem Jahr bundesweit 141 Landkreise und damit ca. 48 % der 295 Landkreise einen defizitären Kreishaushalt aufweisen.“ Dies sei vor allem für Gebiete prekär, die zusätzlich vor erheblichen wirtschaftsstrukturellen und demografischen Schwierigkeiten stehen, die gerade erhebliche Zukunftsinvestitionen in kommunale Infrastrukturen erforderten. „Diese Gebiete drohen, von positiven Entwicklungstendenzen in unserem Lande abgekoppelt zu werden“, so Duppré abschließend.


Kurzüberblick zur Finanzsituation der Landkreise:

Systembedingt insbesondere durch die den gemeindlichen Steuereinnahmen mit einer Verzögerung von ein bis zwei Jahren zeitlich nachlaufende Kreisumlage zeigte sich erst in den Jahren 2010 und 2011 die Wirtschafts- und Finanzkrise auch einnahmeseitig in den Kreishaushalten. Auch 2012 werden die Landkreise nicht aus den roten Zahlen herauskommen.

Insgesamt verschlechterte sich bereits 2010 die Finanzsituation der Landkreise deutlicher als erwartet massiv um 2,25 Mrd. € und verharrte auch 2011 auf dem Niveau von einem Finanzierungsdefizit in der Größenordnung von rund 1 Mrd. €.

Die Kassenkredite der Landkreise nehmen wieder deutlich zu und betrugen Ende 2011 rund 7,3 Mrd. €. Zum Jahresende 2012 steht zu befürchten, dass der Kassenkreditbestand auf 8,1 Mrd. € anwächst.

Für einen erneuten konjunkturellen Einbruch sind die Landkreise nicht gerüstet. Sie tragen vielmehr noch an den Lasten der Wirtschafts- und Finanzkrise und anderen Altlasten.

Es ist deshalb richtig, dass Bund und Länder sich bei ihrer Einigung zur innerstaatlichen Umsetzung des Fiskalpaktes u.a. auf eine Reihe von Eckpunkten verständigt haben, die dem Ziel dienen sollen, die kommunale Ebene dauerhaft zu einer „schwarzen Null“ zu ertüchtigen. Es folgt allerdings noch der schwierigere Teil: Es gilt nun, die Verständigung in den kommunalrelevanten Punkten so schnell wie möglich näher zu präzisieren und so umzusetzen, dass die für die kommunale Ebene gedachten fiskalischen Verbesserungen auch tatsächlich dort ankommen.

























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