Als Landkreis, der sich bereits 2008 politisch das Ziel zur Entwicklung eines „Null-Emissions-Landkreises“ gesetzt hat, besitzt die Forcierung der Energiewende eine hohe Priorität. Dabei beschränken wir uns nicht nur auf ein umfassendes Beratungsangebot für Bürger, Unternehmen und Kommunen in den Sektoren Strom, Wärme und Mobilität sowie Maßnahmen im eigenen Zuständigkeitsbereich (z. B. Sanierung von kreiseigenen Gebäuden, Elektrifizierung des Fuhrparks, Schaffung eines emissionsarmen ÖPNV-Angebots, PV-Dachanlagen), sondern möchten durch die Realisierung eigener Projekte im Verbund mit starken Partnern selbst einen aktiven Beitrag leisten!

Da dies nur über die Schaffung neuer Strukturen gelingen kann, haben wir nach erfolgreicher Teilnahme an der Klimaschutzexzellenz-Initiative des Bundesumweltministeriums (Masterplan 100% Klimaschutz Cochem-Zell) von 2016 bis 2020 unsere Organisation im Bereich Klimaschutz / Erneuerbare Energien nochmals optimiert und neu ausgerichtet.

Neuorganisation der Kreiswerke

Herzstück dieses Prozesses ist die Neuorganisation unserer Kreiswerke. Nachdem bereits im Jahr 2019 der Eigenbetrieb Nahwärmeversorgung gegründet wurde, erfolgte zum 1.1.2022 die Gründung des Eigenbetriebs Klima & Energie sowie des Eigenbetriebs Wirtschaft & Innovation. Das Dach der Kreiswerke vereint mithin neben den ursprünglichen Betriebszweigen Wasserversorgung und Abfallwirtschaft nun insgesamt fünf Eigenbetriebe, verteilt auf zwei Geschäftsbereiche. Der Vorteil dieser Optimierung zeigt sich exemplarisch im Bereich Nahwärme. Durch die Zusammenführung von Projektentwicklung und Projektumsetzung, also konkret vom nicht wirtschaftlichen Bereich des Klimaschutzes zur Umsetzung von wirtschaftlich tragfähigen Energieprojekten, können wir nun das gesamte Spektrum von der konzeptionellen Phase bis zur Realisierung aus einer Hand abbilden und zudem auf das bereits vorhandene betriebswirtschaftliche und technische Know-how der Kreiswerke zurückgreifen. Dies bringt enorme Synergieeffekte und eröffnet zudem durch die Loslösung von Verwaltungsstrukturen einen neuen Flexibilitätsspielraum für die Umsetzung von eigenen Energieprojekten zur Forcierung der lokalen Energiewende.

Nach der Inbetriebnahme des „Virtuellen Kraftwerks Cochem-Zell“ im Juli 2021 soll mit der Gründung einer Kreisenergiegesellschaft noch in diesem Jahr ein weiterer wichtiger Baustein zur Erreichung der Klimaschutzziele auf Kreisebene, insbesondere im Stromsektor, umgesetzt werden. Hintergrund ist hier auch die aktuelle Fortschreibung der Flächennutzungspläne auf Ebene der Verbandsgemeinden und die in diesem Zuge beabsichtigte Ausweisung von Potenzialflächen zur Realisierung von Energieprojekten. Der Fokus liegt dabei neben dem Beitrag zum Klimaschutz und einer gesteigerten Unabhängigkeit von Energieimporten und geopolitischen Entwicklungen auch auf der Steigerung der regionalen Wertschöpfung. So sollen möglichst alle kommunalen Ebenen, angefangen von den Ortsgemeinden über die Verbandsgemeinden bis hin zum Landkreis und natürlich auch die Bürger bestmöglich profitieren. Durch die eigene kommunale Realisierung bzw. die Beteiligung an Energieprojekten soll daher neben Pachteinnahmen durch Planung, Bau und Betrieb der Anlagen sowie durch Vermarktung des erzeugten Stroms möglichst die gesamte Wertschöpfungskette abgeschöpft werden.

Grünstrom aus örtlichen Anlagen zu vernünftigen Preisen

Darüber hinaus besteht das Ziel, den Strom im Rahmen der Vermarktung in das „Virtuelle Kraftwerk Cochem-Zell“ einzuspeisen und den Bürgern hierüber einen echten Grünstrom aus örtlichen Anlagen zu vernünftigen Preisen anzubieten. Konkret kann der Bürger dann seinen individuellen Grünstrommix zusammenstellen und die Anlagen, aus denen er seinen Strom beziehen möchte, selbst auswählen. Aktuell konnten bereits erneuerbare Strommengen von über 8 MW aus den Bereichen Photovoltaik, Biogas, Biomasse und Wasserkraft ins virtuelle Kraftwerk eingebunden werden, sodass der beabsichtigte Aufbau des regionalen Strommarkts, unabhängig von der Realisierung eigener Energieprojekte über die Kreisenergiegesellschaft, bereits Ende des 2. Halbjahres 2022 bzw. Anfang 2023 beginnen kann!

Der Weg zur Gründung der Kreisenergiegesellschaft umfasst mehrere „Meilensteine“. Zunächst soll in den nächsten Monaten die Gesellschaft als rein kommunale Gesellschaft zusammen mit allen Verbandsgemeinden und solidarischer Aufteilung der Geschäftsanteile gegründet werden. Parallel sollen dann seitens der Verbandsgemeinden die bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen für die Umsetzung konkreter Projekte geschaffen werden. Hierzu wurden bereits bzw. werden derzeit Potenzialstudien erstellt. Letztlich sollen mit interessierten Standortgemeinden und privaten Partnern dann konkrete Projekte entwickelt und umgesetzt werden. Hierzu ist für jedes Projekt die Gründung einer eigenen Projektgesellschaft als GmbH & Co. KG erforderlich. Gesellschafter soll, neben den jeweiligen Standortgemeinden und privaten Partnern, dann die Kreisenergiegesellschaft in der Rolle des Komplementärs sein. Zur Auswahl des bzw. der privaten Partner ist je Projekt jeweils ein Ausschreibungsverfahren erforderlich.

Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur

Der Gesellschaftszweck der Kreisenergiegesellschaft soll ausdrücklich nicht auf klassische Projekte wie beispielsweise PV-Freiflächenanlagen oder Windkraftanlagen beschränkt werden, sondern auch innovative Projekte beinhalten. Neben dem virtuellen Kraftwerk werden Potenziale hier insbesondere in der verstärkten Einbindung von Speichertechnologien und dem Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur gesehen. Gerade beim Thema Wasserstoff kann der Landkreis durch das innovative Projekt „Smart Quart“ und den in der Verbandsgemeinde Kaisersesch sitzenden Verein „H2BZ-Netzwerk Rheinland-Pfalz e. V.“ auf vorhandenen Kompetenzen aufbauen. Darüber hinaus ist auch in der Verbandsgemeinde Zell der Aufbau einer Elektrolyse zur Erzeugung von grünem Wasserstoff geplant. Da auch bei den nächsten Linienbündelausschreibungen im ÖPNV Wasserstoffbusse eine prägende Rolle spielen sollen, wird gleichzeitig auch eine entsprechende Nachfrage für die entstehende Produktion geschaffen.

Wir waren schon immer davon überzeugt, dass die Energiewende nur lokal gelingen kann. Durch die neue strategische Ausrichtung der Kreiswerke und die Gründung der Kreisenergiegesellschaft haben wir weitere Voraussetzungen geschaffen, damit dieses Ziel erreicht werden kann.

Manfred Schnur, Landrat des Landkreises Cochem-Zell

Der kommunale Spitzenverband der 294 Landkreise

Der Deutsche Landkreistag (DLT) vertritt drei Viertel der kommunalen Aufgabenträger, rund 96 % der Fläche und mit 57 Mio. Einwohnern 68 % der Bevölkerung Deutschlands.

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