Mit unserem Integrierten Klimaschutzkonzept aus dem Jahr 2010 sowie unserer Teilnahme am Modellprojekt „Masterplan 100% Klimaschutz“ (2012 - 2018) verfolgen wir bereits langjährig eine stringente Klimaschutzstrategie im Landkreis Osnabrück. In vielfältigen Projekten und Maßnahmen (Einsatz erneuerbarer Energien, Energieeffizienz, Mobilität, Suffizienz) sowie unter Einbindung vielfältiger Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft gilt es, in allen Sektoren die notwendige CO2-Reduktionsoptionen nutzbar zu machen.
Für den umfassenden Transformationsprozess im angebrochenen Jahrzehnt bis 2030 ist auch die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben der Landkreise selbst in den Blick zu nehmen. Denn diese Aufgaben bedingen den dauerhaften Einsatz von Energie in den Bereichen Strom, Heizung, Lüftung oder Kraftstoff. Unter anderem ist oftmals der Betrieb von großen Gebäudekomplexen – z.B. Verwaltungsgebäude, Schulgebäude oder Sporthallen – erforderlich.
Ein strategisches Energiemanagement kann eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz in der Bewirtschaftung der Gebäude unterstützen und gleichzeitig dem rasanten Anstieg der Energiekosten vorbeugen. Gerade die jüngsten Entwicklungen erfordern zusätzlich einen neuen Fokus auf den Umgang mit unseren Energieressourcen.
Energiemanagement in der Kreisverwaltung
Der Landkreis Osnabrück unterhält insgesamt 30 Liegenschaften. Die Bewirtschaftungs-/Energiekosten pro Kalenderjahr belaufen sich auf ca. 2,5 Mio. Euro.
Gebäude |
BGF* nach DIN 277 (in m²) |
Wärme (in MWh) |
Strom (in MWh) |
Wasser (in m³) |
Schulen |
||||
Gymnasien (Anzahl: 7) |
117.853 |
5.620 |
1.345 |
12.450 |
Förderschulen (Anzahl: 6) |
23.986 |
1.450 |
269 |
2.750 |
Berufsschulen (Anzahl: 5) |
80.658 |
4.705 |
1.354 |
8.170 |
Gesamtschulen (Anzahl: 2) |
24.505 |
1.360 |
435 |
4.600 |
weitere Gebäude |
||||
Verwaltungsgebäude (Anzahl: 4) |
41.402 |
3.260 |
2433 |
11.050 |
Summe sonst. Gebäude (Anzahl:6) |
17.526 |
1.320 |
199 |
3.164 |
Gesamtverbrauch |
305.930 |
17.715 |
6.035 |
42.184 |
*Bruttogeschossfläche
Vor diesem Hintergrund hat der Landkreis Osnabrück bereits seit vielen Jahren ein Energiemanagement als wichtigen Schwerpunkt im Gebäudemanagement etabliert. Die monatlichen Verbrauchsdaten aller kreiseigenen Liegenschaften der letzten 25 Jahre liegen zur Auswertung vor. Ab dem Jahr 2000 wurden Verbrauchskennwerte gebildet, um den Verbrauch der jeweiligen Gebäude besser zu bewerten. Parallel dazu wurden auch Erkenntnisse durch erste Vergleiche mit anderen Landkreisen abgeleitet. Über die Jahre wurden schrittweise Zwischenzähler zur besseren Auswertung eingebaut.
Die Zählerstände der einzelnen Liegenschaften werden monatlich von den jeweiligen Hausmeistern der Liegenschaften abgelesen und übermittelt. Die zuvor sehr aufwändige Datenerfassung konnte über die Jahre optimiert werden und erfolgt seit 2017 durch ein Energiemanagementprogramm. Das Programm wertet die Daten anhand vorgegebener Kriterien aus. Zum einen erhält der Hausmeister eine direkte Rückmeldung, zum anderen dienen die aktuellen Zählerstände dem Landkreis Osnabrück als Nachweis der Kontrollgänge der Hausmeister im Rahmen ihrer Betreiberverantwortung, denn bei der Zählerablesung findet gleichzeitig eine Gesamtbegehung des Gebäudes statt.
Inzwischen sind bereits viele Zähler beim Landkreis Osnabrück auf die einzelnen Gebäudeleittechnik-Anlagen (GLT) der jeweiligen Liegenschaften aufgeschaltet, sodass die Daten elektronisch zur Verfügung stehen. Darüber hinaus stellen die Versorger für ihre Zähler entsprechende Datensätze zur Verfügung, die dann eingepflegt werden können. Um Fehler bei der Datenerfassung auszuschließen, ist es unser Ziel, die Zähler langfristig direkt mit dem Energiemanagementprogramm zu verbinden.
Aufbauend auf den Daten und Kennzahlen der Energieberichte konnten bereits etliche Maßnahmen und Projekte für das Gebäudemanagement identifiziert werden, die die Energiebilanz der Gebäude positiv beeinflusst haben.
Energiemanagement in der Kreisverwaltung ist eine Teamaufgabe mit unterschiedlichen Akteuren, wie den Verwaltungsmitarbeitern, den technischen Mitarbeitern des Gebäudemanagements, den jeweiligen Hausmeistern vor Ort sowie den verschiedenen Nutzungsberechtigten des Gebäudes. Die Entwicklung des Energiemanagements sowie die Maßnahmenplanung des Gebäudemanagements werden auch durch zusätzliche Faktoren wie u.a. die steigenden Energiepreise, die Digitalisierung und nicht zuletzt die zunehmenden Aktivitäten rund um den Klimaschutz beeinflusst.
Auch die Gesetzgebung in Niedersachsen reagierte auf diese Entwicklungen. Durch die Gesetzesänderung des Niedersächsischen Klimagesetzes vom 15.12.2020 sind Kommunen erstmals verpflichtet, ab dem Jahr 2023 für jede Liegenschaft ausführliche Energieberichte für die zurückliegenden Jahre zu erstellen. Dies erfordert auch beim LK OS eine Ergänzung des bereits etablierten Energiemanagements.
Die neue gesetzliche Verpflichtung kann genutzt werden und das Energiemanagement für die kreiseigenen Liegenschaften auch in der Zukunft stetig weiterentwickeln und optimieren. Um der gesetzlichen Forderung nachzukommen und zukünftig zum Thema Energiemanagement nachhaltig aufgestellt zu sein, hat der Landkreis Osnabrück sich daher dafür entschieden, sein Energiemanagement zertifizieren zu lassen.
Zertifizierung beim Landkreis Osnabrück
Die Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen (KEAN) bietet den niedersächsischen Kommunen seit Januar 2021 eine kostenlose Zertifizierung des kommunalen Energiemanagements mit dem Zertifizierungstool Kom.EMS an. Der gesamte Zertifizierungsprozess wird strukturell durch einen Coach der KEAN begleitet. Hilfestellungen erfolgen durch die Kom.EMS z.B. durch Leitfäden, ein Wissensportal oder eine Qualitätssicherung. Kom.EMS orientiert sich dabei an der DIN EN ISO 50.001, die an kommunale Anforderungen angepasst ist. Dieses Zertifizierungstool stellt einen hilfreichen Hebel dar für den systematischen Aufbau eines Energiemanagement-Systems.
Ziel des LK OS war es zunächst, die erste Stufe „Qualitätsstufe Basis“ zu erreichen und die entsprechende Zertifizierung zu erhalten. Der erste Kom.EMS-Check ergab, dass der Landkreis Osnabrück dafür bereits rund 60% der Vorgaben erfüllte. Ohne die fachliche und strukturelle Unterstützung durch die KEAN allerdings wäre die für die Basis-Zertifizierung erforderliche Erreichung der noch fehlenden 40% nicht möglich gewesen. An dieser Stelle sprechen wir nochmals unseren Dank an die KEAN aus.
Die Neuausrichtung des Energiemanagements in Zusammenarbeit mit der KEAN erfolgt insgesamt in vier Prozessphasen:
Prozessphase 1: Grundsatzentscheidungen
• Grundsatzentscheidung durch Entscheidungsebene,
• kommunale Ziele formulieren und veröffentlichen,
• Etablierung eines kommunalen Energieteams,
• Maßnahmenplan für die Einführung eines Kommunalen Energiemanagements (KEM) erstellen und abstimmen,
• Dienstanweisung Energie: Energiemanagement verankern,
• Energiecontrolling-Software beschaffen und einrichten.
Prozessphase 2: Erfassen – Bewerten – Analysieren
• Vollständige Liegenschaftsübersicht,
• Verbrauchsbereinigung und Kennwertermittlung,
• Auswahl prioritärer Gebäude,
• Grobanalyse Energielieferverträge,
• Energiebericht erstellen bzw. aktualisieren,
• Maßnahmenplan erstellen bzw. aktualisieren,
• Verbrauchs- und Rechnungscontrolling einrichten.
Prozessphase 3: Optimieren
• Nutzungsstrukturen optimieren,
• Sensibilisierung der Gebäudenutzer,
• Optimierung des Anlagenbetriebs, Warm- und Kaltwasserbetrachtung,
• bedarfsgerechte Beschaffung.
Prozessphase 4: Dokumentieren und Kommunikation
• Standardenergieberichte erstellen,
• Review des Prozesses.
Das Zertifizierungsverfahren unterscheidet zwischen verschiedenen Qualitätsstufen, die in der Abbildung dargestellt sind.
Quelle: Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen GmbH
Langfristig sehen wir die Zertifizierung aller kreiseigenen Liegenschaften in mehreren Ausbaustufen vor. Zusätzlich erfolgt die Re-Zertifizierung auf Nachweis tatsächlicher Energieeinsparungen, die bspw. durch Schulung der Schulhausmeister, Einführung eines Programmes zur umfassenden Verbrauchsdatenverwaltung und die Realisierung energetischer Sanierungsmaßnahmen realisiert werden sollen.
Insgesamt schafft der Landkreis Osnabrück mit Hilfe der Zertifizierung eine umfassende Grundlage zur dauerhaften Etablierung eines kommunalen Energiemanagements.
Zeitlicher Ablauf der Basis-Zertifizierung beim Landkreis Osnabrück
Ende April 2021: Kontaktaufnahme zur KEAN (kommunale Energieagentur Niedersachsen), Informationsaustausch zum Zertifizierungsverfahren Kom.EMS.
Juli 2021: Beschlüsse des Verwaltungsvorstands zur Einführung des Energiemanagements und zum Vorgehen des LK OS, Leitfaden KEAN, Zertifizierungstool Kom.EMS.
ab August 2021: Eingabe der Daten und begründenden Unterlagen im Zertifizierungstool, regelmäßige digitale Begleitung durch Kom.EMS-Coach.
November 2021: Schulung der Hausmeister, der Schulleitungen und der Zuständigen des Gebäudemanagements durch KEAN.
12.1.2022: Internes Audit zur Vorbereitung der Zertifizierung mit anschließendem Prüfbericht.
28.1.2022: Termin Auditierung des LK OS durch die KEAN mit anschließender Zertifizierung.
Energieeinsparungspotenziale
Auch ohne große Investitionen können sichtbare Erfolge hinsichtlich Energieeinsparung, CO2-Reduzierung und Haushaltsentlastung bei gleichzeitig steigenden Energiepreisen erzielt werden, sofern dem Gebäudemanagement hierfür die personellen Ressourcen zur Verfügung stehen.
Am schnellsten und effizientesten werden Energieeinsparungen erzielt, indem nicht benötigte Energie abgeschaltet wird und nur tatsächlich erforderliche Energie verbraucht wird. Unter Beachtung dieser Grundsätze kann die Energieeinsparung sofort beginnen.
Das bedeutet konkret:
• Überprüfung vorhandener technischen Anlagen,
• Optimierung der Anlageeinstellungen,
• Schulung des Personals,
• Unterweisung der Nutzer.
Der Optimierungsprozess ist ein kontinuierlicher Prozess, da sich Gegebenheiten über das Jahr ändern können. Zunächst sind daher jährliche Kontrollen aller Anlageneinstellungen notwendig, optimal sind zwei Kontrollen jährlich - zur Winter- und zur Sommerperiode.
Für die Basiszertifizierung über KEAN wurden zunächst das Kreishaus sowie ein Gymnasium (Bad Iburg) und eine Berufsbildende Schule (Melle) ausgewählt. Die Schulen sowie das Fachpersonal der technischen Abteilungen der Berufsbildenden Schule zeigen großes Interesse und wirken unterstützend mit. Bspw. wurden am Gymnasium Arbeitsgruppen geschaffen, die sich mit den technischen Anlagen auseinandersetzen und durch Videos für das Thema „Energieeinsparung“ sensibilisieren wollen. Die Kontaktaufnahme des Energieteams mit den übrigen Schulen wird im Rahmen der weiteren Arbeitsschritte erfolgen.
In den vergangenen Jahren wurden darüber hinaus viele wichtige – teilweise kleinteilige – Erkenntnisse gewonnen, die erheblich zu einer Optimierung beitragen können. So hat sich deutlich gezeigt, dass es vorteilhaft ist, wenn bei Sanierungen und Planungen für Neubauten und Erweiterungen das interne Fachpersonal und das Energieteam mit einbezogen werden. Damit eine Maßnahme erfolgreich umgesetzt werden kann, gilt es bereits bei der Planung einerseits die Sanierungsmöglichkeiten der externen Architekturschaffenden und andererseits die energierelevanten Informationen einer Liegenschaft des internen Fachpersonals zusammenzuführen und zu berücksichtigen.
Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die größten Einsparungen bei Sanierungsmaßnahmen immer dann erzielt wurden, wenn die Regelanlage gleichzeitig mitsaniert bzw. optimiert wurde. Hier nutzt der Landkreis Osnabrück intelligente, selbstlernende Regelungen. Automatische Verbrauchsdatenermittlung und Störmeldeanzeigen von technischen Anlagen einschließlich digitaler Weiterleitung ermöglichen zusätzlich eine schnellere Reaktion bei Störungen.
Beim Einsatz von Gebäudeleittechnik (GLT) und selbstlernenden Regelanlagen haben die Nutzer keinen Einfluss auf Einstellmöglichkeiten, die die Wärme-, Strom- und Wasserenergie beeinflussen. In Schulen werden z.B. an Thermostatventilen sog. „Behördenmodelle“ eingesetzt, die nur durch die Hausmeister oder eine Fachfirma verstellt werden können. Im Kreishaus wird das „en:key Modell“ genutzt, welches die Heizung selbstständig regelt. Darüber hinaus wird die Beleuchtung über Präsenzmelder mit Tageslichtsteuerung gesteuert. Das Wasser an den Waschtisch- und Duscharmaturen wird mittels Selbstschlussarmaturen oder Armaturen mit Sensortechnik automatisch über eine entsprechende Zeit ausgeschaltet.
Die Zertifizierungsmaßnahme mithilfe der KEAN ist ein erfolgreicher Start für die Neuausrichtung des Energiemanagements. Der Landkreis Osnabrück betrachtet dies als ein wichtiges Instrument, um perspektivisch zukunftsfähig zu bleiben.
Bärbel Rosensträter, Erste Kreisrätin, Landkreis Osnabrück