Die finanzielle Lage der Kommunen verschlechtert sich rapide und läuft auf eine bislang nicht gekannte Defizithöhe zu. Im vergangenen Jahr mussten die kommunalen Haushalte bereits eine Verschlechterung ihrer Finanzlage um 8 Milliarden Euro und ein Defizit von 6,2 Milliarden Euro hinnehmen. Im laufenden Jahr verdoppelt sich das Defizit voraussichtlich auf eine Rekordhöhe von 13,2 Milliarden Euro. Auch in den Folgejahren wird das Defizit auf einem ähnlichen Niveau verharren. Das geht aus der aktuellen Prognose des Deutschen Städtetages, des Deutschen Landkreistages und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes für die Kommunalfinanzen bis zum Jahr 2027 hervor. Wenn Bund und Länder mit ihrer Finanzpolitik nicht grundlegend umsteuern, werden die kommunalen Haushalte tief in den roten Zahlen bleiben.

Zu den heute veröffentlichten Prognosedaten zur kommunalen Finanzlage sagten die Präsidenten der kommunalen Spitzenverbände Oberbürgermeister Markus Lewe (Deutscher Städtetag), Reinhard Sager (Deutscher Landkreistag) und Dr. Uwe Brandl (Deutscher Städte- und Gemeindebund): „Die Kommunalfinanzen sind in einer dauerhaften Schieflage. Wir brauchen dringend einen größeren Anteil an den Gemeinschaftssteuern. Außerdem muss endlich Schluss damit sein, dass Bund und Länder die Aufgaben der Kommunen immer mehr ausweiten, ohne für eine ausreichende Finanzierung zu sorgen. Die Kommunen wollen vor Ort gestalten, mit Haushalten im Defizit können wir an vielen Stellen aber nur noch den Mangel verwalten.“

Neue Investitionen können unter diesen Vorzeichen praktisch nicht mehr beschlossen werden. Vielmehr ist ab dem Jahr 2025 mit einem immer stärkeren Rückgang der kommunalen Investitionen zu rechnen. Es ist offensichtlich, dass die Kommunen in den kommenden Jahren bei weitem nicht so in Klimaschutz, Klimaanpassung, Energie- oder Verkehrswende investieren können, wie es notwendig wäre. Und auch die bestehende Infrastruktur werden die Kommunen unter diesen Vorzeichen kaum instand halten können. Der heute schon besorgniserregende kommunale Investitionsrückstand von 186 Milliarden Euro wird weiter anwachsen. Das gefährdet die Zukunftsfähigkeit Deutschlands zunehmend.

Die Prognose zeigt: Die Ausgabenseite wächst, ohne dass die Kommunen darauf einen wesentlichen Einfluss haben. Die Präsidenten der kommunalen Spitzenverbände machten deutlich: „Die immer weiter steigenden Ausgaben der Kommunen sind nicht allein der Inflation geschuldet. Gerade im Sozialbereich führen steigende Fallzahlen sowie neue von Bund und Ländern beschlossene Rechtsansprüche zu wachsenden Ausgaben. Wir sehen zudem mit großer Sorge, dass Bund und Länder ihre Haushalte entlasten, indem sie die Kommunen faktisch zwingen, als Ausfallbürgen einzuspringen. Beispiele sind die unzu-reichende Krankenhausfinanzierung, das unterfinanzierte Deutschland-Ticket oder die langfristig ungeklärte Finanzierung der Wärmewende. So wie bisher kann es nicht weitergehen. Wir brauchen auch mit Blick auf das geringe Wirtschaftswachstum dauerhaft tragfähige Lösungen – sowohl zur Finanzierung der einzelnen staatlichen Ebenen einschließlich der Kommunen als auch der einzelnen Politikbereiche.“

Die vorliegende Prognose der kommunalen Spitzenverbände geht für das aktuelle Jahr von einem nochmaligen Einbruch des kommunalen Finanzierungssaldos um mehr als 7 Milliarden Euro aus. Bereits im Vorjahr ist der Finanzierungssaldo um 8 Milliarden Euro eingebrochen. So dramatisch diese Entwicklung ist, sie kommt nicht überraschend. Seit längerem weisen die Kommunen darauf hin, dass ihre Haushalte strukturell unterfinanziert sind und in den vergangenen Jahren nur aufgrund kurzfristiger Nothilfen oder verschiedener Sondereffekte ausgeglichen werden konnten.

Wenn sich nichts ändert, sind die Zeiten weitgehend ausgeglichener Kommunal¬haushalte vorbei. Defizite, Nothaushalte und harte Konsolidierungsdiskussionen sind vielerorts die neue Realität in den Rathäusern und Landratsämtern. Die Defizite steigen so rasant, weil viele einzelne Ursachen zusammentreffen: eine Inflation, die sich stärker auswirkt als erwartet, steigende Fallzahlen im Sozialbereich, steigende Kosten im Sozialbereich (zum Beispiel Kosten der Unterkunft aufgrund der Wohnungsmarktkrise) oder Unterstützungsleistungen für kommunale Unternehmen (zum Beispiel aufgrund der unzureichenden Krankenhausfinanzierung). Hinzu kommt der historisch höchste Tarifabschluss auf kommunaler Ebene aus dem vergangenen Jahr.

 

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