Im Zuge der Coronakrise rechnen die Landkreise auch mit erheblichen Mehrausgaben der Jobcenter vor Ort. Präsident Landrat Reinhard Sager sagte: „Wir erwarten, dass bis zu 1,2 Mio. zusätzliche Haushalte Anspruch auf Hartz IV haben werden. Das hat nicht nur Mehrkosten beim Bund in einer Größenordnung von 7,5 Mrd. € zur Folge, sondern auch der Landkreise und kreisfreien Städte von gut 2 Mrd. €. Wir fordern daher Bund und Länder auf, eine entsprechende finanzielle Kompensation vorzusehen. Die Kommunen dürfen nicht auf den immensen Mehrkosten sitzen bleiben.“
Der Präsident des Deutschen Landkreistags und Landrat im Kreis Ostholstein Reinhard Sager schildert im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (Montagsausgabe) die Situation in den Landkreisen, wo jetzt alle Drähte zusammenlaufen. Er berichtet dabei auch über das Geschehen in Schleswig-Holstein: Restaurants und Gaststätten sind schon seit Tagen geschlossen, nicht erst seit diesem Wochenende. Die Landesregierung hat Touristen verboten, ins Land zu kommen. Hotels dürfen keine Touristen mehr aufnehmen. Allen Rückreisenden aus Risikogebieten wurde untersagt, an ihren Arbeitsplatz oder in Gemeinschaftsräume wie Kitas, Schulen oder Sporthallen zu gehen. "Wir haben jetzt verfügt, dass Tausende von Zweitwohnungsbesitzern nicht anreisen dürfen. Deshalb muss man nun fragen: Was bringen Ausgangssperren eigentlich noch zusätzlich? Der Shutdown ist jedenfalls weitestgehend schon Realität."
Der Deutsche Landkreistag kritisiert Teile des Vorschlags des Bundesgesundheitsministeriums, sich im Zuge der Coronakrise weitgehende Kompetenzen im Bereich der Länder und Kommunen beim Infektionsschutz zu sichern. Präsident Landrat Reinhard Sager sagte: „Wir unterstützen den Bundesgesundheitsminister bei der Krisenbewältigung genauso wie wir uns als Landkreise bei unserer Arbeit vor Ort vom Bund unterstützt fühlen. Wir und die Länder geben unser Bestes, mit der schwierigen Lage umzugehen und über alle Ebenen hinweg abgestimmt und konsequent zu agieren. Den Ärztinnen und Ärzten, dem Pflegepersonal, den Verwaltungsmitarbeitenden und Helfenden gebührt unser größter Respekt. Diese gut funktionierenden dezentralen Strukturen sollte der Bund weiter stärken und nicht schwächen. Eine Änderung von Zuständigkeiten würde in der Krisensituation eher verunsichern, weil sich neue Abläufe erst einspielen müssen.“
Der seit 2014 im Rhythmus von zwei Jahren von der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) ausgeschriebene Wettbewerb „Kommune bewegt Welt“ zeichnet das gemeinsame entwicklungspolitische Engagement von deutschen Landkreisen, Städten und Gemeinden mit migrantischen Organisationen aus. Die Schirmherrschaft für den Wettbewerb hat Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, übernommen.
Der Deutsche Landkreistag hofft, dass es gelingt, die unabsehbare Zeit der Coronakrise ohne dauerhaften Schaden für die Betriebe und Unternehmen in den Landkreisen zu überstehen. Präsident Landrat Reinhard Sager sagte: „In diesen extremen Zeiten sehen sich viele Gastronomen, Einzelhändler, Handwerker, Kulturschaffende und Mittelständler mit Existenzsorgen konfrontiert. Das betrifft den Buchladen um die Ecke ebenso wie den familiengeführten Industriebetrieb. Viele Gewerbetreibende verfügen nicht über ausreichende Rücklagen, um gegebenenfalls mehrere Monate zu überbrücken. Sie sind daher auf staatliche Liquiditätshilfen angewiesen.“
Der Deutsche Landkreistag wirbt vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen zur Corona-Pandemie für eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung für notwendige Maßnahmen der Gesundheitsämter in den Landkreisen und Städten. Präsident Landrat Reinhard Sager sagte: „Wir befinden uns noch ziemlich am Anfang der Verbreitung des Coronavirus in Deutschland, etwa im Vergleich zu Italien. Umso entschlossener müssen wir diesen Zeitvorsprung nutzen, um durch eine Verlangsamung der Ausbreitung unsere Kapazitäten im Gesundheitswesen gut zu nutzen und nicht zu überfordern. Dazu gehören die Absage von größeren Veranstaltungen, die Einschränkung des gesellschaftlichen Lebens und ein vernünftiger Umgang mit dienstlichen Verpflichtungen. Jede Organisation, jedes Unternehmen, jede Bürgerin und jeder Bürger sollten auf verzichtbare Treffen, Termine oder Zusammenkünfte mit einer großen Anzahl von Menschen auch tatsächlich verzichten. In diesen Zeiten gilt die Pflicht und nicht die Kür.“
Seite 60 von 206